Image by Abrie Fourie
8. Mai – 20. Juni 2021
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TERRITORIES UNDER MY SKIN
Performative Reflexionen und Gespräche zur Geschichte des Afrikanischen Viertels, Berlin / Wedding
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Künstlerische Konzeption
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Tatiana Echeverri Fernandez
Jaro Straub
Ella Ziegler
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Beteiligte Künstler*innen
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Akinbode Akinbiyi (Nigeria / England) lebt in Berlin
Declan Clarke (Irland) lebt in Berlin
Sarah Perks (Großbritannien) lebt in Großbritannien
Tatiana Echeverri Fernandez (Kolumbien) lebt in Berlin
Zandile Darko (Deutschland) lebt in Berlin
Abrie Fourie (Südafrika) lebt in Berlin
Donna Kukama (Südafrika) lebt in Berlin
Deva Schubert (Deutschland) lebt in Berlin
Ella Ziegler (Deutschland) lebt in Berlin
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Filmprogramm Konzeption
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Caspar Stracke und Jaro Straub
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Filme von
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Nicola Brandt (Namibia)
Musquiqui Chihying (Taiwan) und Gregor Kasper (Deutschland)
Laura Horelli (Finnland)
Katrin Winkler (Deutschland)
Hildegard Titus (Namibia)
Joel Haikali (Namibia)
Tuli Mekondjo (Namibia)
Caspar Stracke (Deutschland)
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Die Geschichte der Menschheit ist von politischen, ideologischen und territorialen Okkupationen und Freiheitskämpfen geprägt, welche sich in unserer Erinnerungs- und Gedenkkultur in Form von Mahn- und Denkmälern oder durch Jahrestage manifestiert. Am 8. Mai wird alljährlich, über die deutschen Grenzen hinweg, an den Sieg der Alliierten über die hegemoniale Herrschaft der Nationalsozialisten erinnert. An diesem historischen Gedenktag beginnt unsere künstlerisch performative Veranstaltungsreihe TERRITORIES UNDER MY SKIN im Projektraum CHANGING ROOM in Berlin / Wedding. Dieser befindet sich in der Lüderitzstrasse, mitten im kolonialen Flächendenkmal Afrikanisches Viertel, das einst der “Verherrlichung und Verankerung der deutschen Kolonialherrschaft im
Bewusstsein der Öffentlichkeit [1]” diente.
Das Projekt TERRITORIES UNDER MY SKIN reflektiert und untersucht anhand
künstlerischer Performances und Interventionen die Geschichte des Afrikanischen Viertels und den seit mehreren Jahren andauernden Umbenennungsprozess der Lüderitzstrasse, der Petersallee und des Nachtigalplatzes, die nach deutschen Akteuren des Kolonialismus benannt wurden. Um diese Straßennamen gibt es öffentliche Kontroversen aufgrund widersprüchlicher Verwaltungsakte der Berliner Behörden, unterschiedlichen Meinungen von Bewohner*innen und Gewerbetreibenden des Afrikanischen Viertels und verschiedener Vereine und Initiativen, da es sich dabei um Relikte aus der Zeit des deutschen Imperialismus und des Kolonialismus handelt. Auch die Namensgebung Afrikanisches Viertel gilt heute als problematisch, da sie an Carl Hagenbecks Pläne erinnert, der zur Kolonialzeit im Berliner Stadtteil Wedding in einer Parkanlage - Tiere und Menschen aus den damaligen deutschen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent präsentieren wollte.
Wie der Projekttitel ’TERRITORIES UNDER MY SKIN - Performative Reflexionen und Diskurse zur Geschichte des Afrikanischen Viertels’ andeutet, werden die beteiligten Künstler*innen sowohl urbane und politische, als auch intellektuelle und soziale Territorien und deren Grenzen, die unter der Oberfläche von öffentlichen und privaten Diskursen existieren, seismografisch erforschen, artikulieren und künstlerisch offenlegen.
TERRITORIES UNDER MY SKIN versucht mit künstlerischen Mitteln, die aktuelle
Sachlage, Atmosphäre und Ungewissheit über die Verhandlungen zur Umbenennung der Straßennamen zu betrachten und zu untersuchen. Der Widerstand gegenüber der Straßenumbenennung durch lokale Initiativen motiviert uns in die Öffentlichkeit zu gehen, da wir in diesem ungeklärten Schwebezustand das Potenzial und gleichzeitig die klare Aufforderung sehen, künstlerisch und diskursiv im Stadtraum aktiv zu werden.
Die künstlerischen Performances, Gespräche und Führungen durch das Afrikanische Viertel und die Interventionen im öffentlichen Raum sollen als ein experimenteller forschender Prozess angelegt sein, bei dem die eingeladenen Künstler*innen innovative Formen der Vergangenheitsbetrachtung formulieren. Dahinter steht der Versuch, die Überlagerung von vermeintlich Vergangenem und aktuellen gesellschaftlichen Wertigkeiten freizulegen und *toxische* Wechselwirkungen aus der Balance zu bringen.
Lokalisiert im tatsächlichen Zentrum dieses Diskurses über das Afrikanische Viertel wollen wir eine offene Plattform für Meinungsaustausch herstellen.
Zum Abschluß von TERRITORIES UNDER MY SKIN wird ein Filmprogramm zu sehen sein, das die Auswirkungen der deutschen Kolonialgeschichte im heutigen Namibia aus verschiedenen kulturellen Perspektiven beleuchtet.
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[1] Blues in Schwarzweiss. Berlins Black Community im Widerstand gegen kolonialrassistische Straßennamen, Christian Kopp, Marius Krohn
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Das Projekt is gefördert durch die Stiftung Kunstfonds
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TERRITORIES UNDER MY SKIN / Programm
Freitag, 8.05.2021
Eröffnung der Veranstaltungsreihe TERRITORIES UNDER MY SKIN
18.00 Uhr
Walk mit Berlin Postkolonial e. V. durch das Afrikanische Viertel Berlin/Wedding
Treffpunkt Nachtigalplatz: Anmeldung erforderlich!
20.00 - 22.00 Uhr
TERRITORIES UNDER MY SKIN / Gespräch mit Berlin Postkolonial e. V.
Abrie Fourie (Südafrika)
WE HAVE EYES TO SEE BUT DO NOT SEE – NAMIBIA
Ab dem 7.05.21 Großplakatflächen im öffentlichen Raum in Berlin/Wedding
Projektion der Fotoserie WE HAVE EYES TO SEE BUT DO NOT SEE – NAMIBIA von Abrie Fourie im Garten des Projektraums Changing Room
Donnerstag, 27.05.2021
Donna Kukama (Südafrika)
Installation und Performance im Projektraum Changing Room, Lüderitzstraße 11
Sonntag, 6.05.2021
Akinbode Akinbiyi (Nigeria / England)
WALKING, TALKING AND TAKING IN
Eine Führung durch das Afrikanische Viertel, Berlin mit Akinbode Akinbiyi mit anschließendem Talk
Treffpunkt: Lüderitzstr. 11 (Changing Room)
Anmeldung erforderlich da begrenzte Plätze!
Donnerstag, 10.06.2021
Declan Clarke (Irland) / Sarah Perks (Irland)
ONE DAY THE SADNESS WILL END
Performance Lecture im Changing Room
Donnerstag, 17.06.2021
Tatiana Echeverri Fernandez (Kolumbien)
Zandile Darko (Berlin)
SCHWERBELASTUNGSKÖRPER
Performance und anschließendes Gespräch im Projektraum Changing Room, Lüderitzstraße 11
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Freitag - Sonntag, 18–20.06.2021
Deva Schubert (Berlin)
Ella Ziegler (Berlin)
SYSTEMSCHWINDEL
Performance im öffentlichen Raum im Afrikanischen Viertel, Berlin/Wedding
Sonntag, 20.06.2021
Filmprogram
TERRITORIES UNDER MY SKIN / RE-VISITED
Konzeption von Caspar Stracke (Deutschland) und Jaro Straub (Deutschland)
Filme von
Nicola Brandt (Namibia)
Musquiqui Chihying (Taiwan) und Gregor Kasper (Deutschland)
Laura Horelli (Finnland)
Katrin Winkler (Deutschland)
Hildegard Titus (Namibia)
Joel Haikali (Namibia)
Tuli Mekondjo (Namibia)
Caspar Stracke (Deutschland)
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Projekte / Künstler*innen
Akinbode Akinbiyi (Nigeria / England)
WALKING, TALKING AND TAKING IN
Eine Führung durch das Afrikanische Viertel, Berlin mit dem Künstler Akinbode Akinbiyi.
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Treffpunkt ist der Projektraum Changing Room in der Lüderitzstr. 11
“Vom Projektraum CHANGING ROOM gehen wir gemeinsam durch das Afrikanische Viertel. Dabei werde ich einzelne Kapitel der Geschichte des Viertels detailliert erläutern. Es geht dabei um die ursprüngliche Idee, einen Zoo und eine Völkerschau auf der Düne, die es immer noch im Wedding gibt, zu etablieren oder um die ersten Straßenbenennungen, die Wohnhausbebauungen in den
Gründerjahren, dann im Anschluß um die Bauhaus-Häuser und kurz danach die Gegenbewegung der faschistischen architektonischen Entwürfe. Die Führung geht bis in den nördlichen Teil des Viertels und dann wieder zurück durch die Schrebergartenkolonien um durch die moderneren Nachkriegs-Gebiete hindurch zurück zum Treffpunkt zu gelangen.
"Bei den Führungen geht es mir um das Erzählen, Erklären und das Sprechen während des Gehens; am wichtigsten aber ist, das innerliche Aufnehmen des Raumes und dessen Atmosphären und Stimmungen. Die Führung endet im Changing Room. Dort lade ich bei Getränken und einem Snack zum Gespräch ein.“ Akinbode Akinbiyi, Berlin März 2021
Declan Clarke (Irland) / Sarah Perks (Irland)
ONE DAY THE SADNESS WILL END
Installation mit Performance und Gespräch im Projektraum Changing Room
ONE DAY THE SADNESS WILL END ist ein fortlaufendes Projekt des Künstlers Declan Clarke und der Kuratorin Sarah Perks, das Spuren und Bewegungen des postrevolutionären Raumes aufspürt, indem Perks und Clarke Namen von Menschen, Gruppen oder Orten sammeln und veröffentlichen, die ihrer Meinung nach von einer Revolution verraten wurden. Ihre anfänglichen Recherchen zu 66 Personen oder Ereignissen formierten ein Bild bestimmter historischer Vorgänge, die mit jeweils unterschiedlichem Erfolg versucht haben, Geschichtsverläufe zu stören oder zu beeinflussen. Diese Misserfolge waren sowohl dem revolutionären Prozess, als auch dem reaktionären Gegenimpuls geschuldet.
Im Rahmen des Projekts „Territories under my Skin“ werden Perks und Clarke die erste performative Version von ONE DAY THE SADNESS WILL END präsentieren. Dabei werden sie das Phänomen der Post-Revolution als Rahmenbedingung für Fragen nach Aktivismus, sozialem Wandel und Versöhnung betrachten.
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Tatiana Echeverri Fernandez (Kolumbien)
mit Performerin Zandile Darko (Deutschland)
SCHWERBELASTUNGSKÖRPER
Performance mit anschließendem Gespräch im Projektraum Changing Room
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Tatiana Echeverri Fernandez und Zandile Darko werden eine Choreografie entwickeln, die Migration und Belastbarkeit ausgehend von gegenseitiger Toleranz und Offenheit zum Thema hat.
Es geht dabei sowohl um das Vergessen als auch das Erinnern und somit auch um Belastungsgrenzen die sich stetig Wiederholen. Diesem Phänomen wollen die Künstlerinnen ein „Hinschauen und Hineinfühlen“ entgegensetzen.
Symbolisch werden Gleichgewicht und Ordnung zwischen Boden und des darauf liegenden bzw. stehenden Körpers visualisiert und infrage gestellt.
Die gegenüberliegenden Kräfte von Bewegung, Spannung, Körper, sowie die Anziehungskraft der Erde werden durch die zugrundeliegende Choreografie verkörpert. Das Publikum wird in die Performance aktiv mit einbezogen, um kollektive Erinnerungen körperlich erfahrbar zu machen.
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Abrie Fourie (Südafrika)
WE HAVE EYES TO SEE BUT DO NOT SEE
Großplakatflächen im Afrikanischen Viertel und Diainstallation im Projektraum
Changing Room
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Das fotografische Werk WE HAVE EYES TO SEE BUT DO NOT SEE des südafrikanischen Fotografen Abrie Fourie ist eine Meditation über Orte und Landschaften in Namibia. Fourie begab sich (in den 1990er Jahren) auf eine Reise nach Namibia, um die vormals kolonialisierten Territorien fotografisch zu dokumentieren. Die Bilder konfrontieren sowohl das Sichtbare als auch
das Unsichtbare, was auf die unbekannte und bekannte Geschichte des Kolonialismus zurückgeht.
Sie spiegeln auf den ersten Blick eine surreale Schönheit der namibischen Landschaften wider, die noch surrealer werden, wenn sie einmal in Bezug zur kolonialen Geschichte dieser Naturräume gestellt werden.
Eine Auswahl von Fouries Fotografien werden im Öffentlichen Raum in Berlin auf Großplakatflächen präsentiert. Fotografien der Reise werden in einer Arbeit von Abrie Fourie im Projektraum Changing Room vorgestellt.
Donna Kukama (Südafrika)
Performance im Projektraum Changing Room
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Donna Kukama nutzt die Performance als Mittel des Widerstands gegen die etablierten künstlerischen Methoden und versucht, durch sie klassische künstlerische Formate zu dekonstruieren und neu zu erfinden. Neben der Performance entwickelt sie Texte, Videos und Klanginstallationen im öffentlichen Raum. Ihre Arbeiten thematisieren gesellschaftliche Strukturen, die Konstruktion von Narrativen und die Art und Weise, wie sich Geschichte abspielt und wie sie dokumentiert und rekapituliert wird. Durch körperliche Handlungen konstruiert Kukama eine Gegenerzählung, die herkömmliche Vorstellungen hegemonialer Strukturen infrage stellt.
Deva Schubert (Deutschland)
Ella Ziegler (Deutschland)
SYSTEMSCHWINDEL
Installation im Projektraum Changing Room und interaktive Performance im
öffentlichen Raum im Afrikanischen Viertel, Berlin/Wedding.
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Im Rahmen des Projektes SYSTEMSCHWINDEL nehmen die Künstlerinnen Deva Schubert und Ella Ziegler die Geodäsie – Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche – zum Anlass und Ausgangspunkt für Interventionen und Aktionen im urbanen Flächendenkmal Afrikanisches Viertel. Die Tänzerin und Performerin Deva Schubert und die Künstlerin Ella Ziegler untersuchen den Zusammenhang zwischen der Vermessung der Erdoberfläche und der Entstehung von einheitlichen Referenzsystemen und den damit einhergehenden strategischen und politischen Eroberungen von terrestrischen Territorien.
Ausgangspunkt dieser künstlerischen Recherche und Intervention ist der von dem Bremer Kaufmann und Kolonialisten Adolf Lüderitz veranlasste sogenannte ‘Meilenschwindel’, der ihn durch gezielten Betrug in den Besitz eines großen Küstenstreifens in der deutschen Kolonie Deutsch-Süd-West, brachte.
Filmprogramm - TERRITORIES UNDER MY SKIN / RE-VISITED
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Konzeption von Caspar Stracke (Deutschland) und Jaro Straub (Deutschland) .
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Filme von
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Nicola Brandt (Namibia)
Musquiqui Chihying (Taiwan) und Gregor Kasper (Deutschland)
Laura Horelli (Finnland)
Katrin Winkler (Deutschland)
Hildegard Titus (Namibia)
Joel Haikali (Namibia)
Tuli Mekondjo (Namibia)
Caspar Stracke (Deutschland)
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Das Filmprogramm "Territories under my Skin / Re-visited" beschäftigt
sich mit den vielfältigen Fragen, die die Geschichte des postkolonialen
Namibia und seine Beziehungen zum vergangenen und gegenwärtigen
Deutschland an zeitgenössische Filmemacher aus Namibia und dem
Ausland stellen. Das Filmprogramm nimmt seinen Betrachtungsort - einen
Hinterhof im Afrikanischen Viertel in Berlin - als Ausgangspunkt, um die
postkolonialenUntersuchungen gezielt auszuweiten - was in der Lüderitzstrasse,
Berlin beginnt, führt uns schließlich nach Lüderitz, Namibia.
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Jenseits des "Afrikanischen Viertels" im Berliner Bezirk Wedding
erforschen Musquiqui Chihying und Gregor Kasper die Nachwirkungen
des nahe gelegenen Schrebergartenvereins. Die sozialistischen
Verbindungen zwischen SWAPO und DDR lassen in Laura Horellis Arbeit
eine längst vergessene ideologische Beziehung wieder neu aufleben.
Gefolgt von Katrin Winkler, die eine lange Auseinandersetzung mit
Namibia verbindet, die sie schließlich in den 90er Jahren nach Windhoek
führte, während Caspar Stracke in jüngster Zeit filmische Beobachtungen
und Stimmen in Swakopmund und Lüderitz sammelte. Von hier aus kehrt
sich die Perspektive um; mit Berichten von zeitgenössischen namibischen
Künstler und Filmemacher*innen - Hildegard Titus, Tuli Mekondjo, Joel
Haikali und Nicola Brandt, die über postkoloniale Identität und deren Erbe
aus der idiosynkratischen Sicht des heutigen Namibias mit seinen
vielfältigen ethnischen Ursprüngen, von Ovambo über Herero, von Nama
bis hin zu deutsche stämmigen Nachfahren mit europäischem Erbe,
reflektieren.
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